Kunsttherapeut*in werden? Studieren oder eine Ausbildung machen? In diesem Blogartikel möchte ich aus persönlicher Erfahrung – und aus der Erfahrung durch Gespräche mit Kolleg*innen berichten, wie der beste Weg ist eine kompetente Kunsttherapeut*in zu werden. Ich erzähle, was die Ausbildungen und Studiengänge der Kunsttherapie beinhalten und was -wirklich- die Voraussetzungen sind, um die Ausbildung gut, und startklar für den Beruf abzuschließen.
Die Frage „wie wird man Kunsttherapeut“ scheint euch sehr zu interessieren, denn spätestens alle drei Monate wird mir diese Frage per E-Mail, oder als Nachricht/Kommentar auf YouTube gestellt.
In diesem Video spreche ich darüber, ob Du künstlerisch begabt sein musst, um Kunsttherapie zu studieren:
In diesem Blogartikel hingegen, gebe ich Euch einen kleinen Einblick in die verschiedenen Möglichkeiten Kunsttherapeut*in zu werden. Nicht nur in meinen persönlichen Weg, sondern in die verschiedenen Möglichkeiten, aber auch Schwierigkeiten. Denn wie Du sehen wirst, ist diese Frage, wie man Kunsttherapeut*in wird, nicht ganz eindeutig zu beantworten.
Wie wird man in Deutschland Kunsttherapeut*in und wer darf Kunsttherapie durchführen?
Der Begriff Kunsttherapie ist NICHT gesetzlich geschützt. Leider. Deshalb ist meine allererste Antwort für Menschen, die mich fragen, wie man Kunsttherapeut*in werden kann – „Hauptsache die Ausbildung ist anerkannt“!
Und zwar vom Berufsverband „DFKGT„. Früher habe ich geschrieben, „schau dass Du ein staatlich anerkanntes Studium machst. Das stärkt unser Berufsbild.“ Es wäre unendlich cool, wenn es immer mehr Bachelor und Master Kunsttherapeut*innen gäbe, die vielleicht sogar auch promovieren und die Forschung in diesem Feld weit voran bringen.
aber ich musste mir eingestehen, dass es einige private Studienstädten gibt, die inhaltlich um einiges fundierter sind als manch staatlich anerkanntes Studium.
Es gibt private Ausbildungen, deren Absolvent*innen um einiges selbstbewusster abschließen, als so mancher Bachelor Absolvent. …Und am Ende werden ja nur diejenigen Kunsttherapeut*innen sein, die nach der Ausbildung selbstbewusst genug sind in den Beruf zu starten.
Deshalb: Achte auf die DFKGT Anerkennung (Du findest eine Liste im Netz).
Voraussetzungen um Kunsttherapie zu studieren – was Du -wirklich- mitbringen musst um Kunsttherapeut * in zu werden
Oft liest Du in den Voraussetzungen, dass Du „psychisch geeignet“ sein musst. Psychisch stabil zu sein ist sehr wichtig, denn die Ausbildung ist KEINE Selbsttherapie. Natürlich gibt es sehr viel Selbsterfahrung im Studium (in diesem Fall nutze ich Ausbildung und Studium äquivalent als Begriff – es ist im Prinzip das Selbe vom Inhalt her).
Es ist auch so, dass ich sagen würde, dass sich im Studium viele persönliche Themen auflösen und bearbeitet werden können. Dies ist wichtig, denn als Therapeut*in musst Du dringend Deine „blinden Flecken“ kennen, damit sie die Therapie später nicht sabotieren. Mit „Blinde Flecken“ meine ich etwas, das Du zB auch „Deine Schatten“ nennen könntest; dort wo es „zu schattig“ ist, kannst Du nicht mehr klar sehen.
Was bedeutet „Psychisch stabil“ dann nun?
Psychisch stabil zu sein heißt also NICHT voll und ganz „heile“ zu sein und keinerlei psychische Themen mehr mitzubringen. Ich kenne sogar Kolleg*innen, die parallel auch eine Psychotherapie für sich selbst gemacht haben, um z.B. Kindheitstraumata aufzuarbeiten; mit dem Ziel weniger „triggerbar“ zu sein.
Du musst wissen, dass wir alle unsere Päckchen mit uns tragen. – An den eigenen Traumata/Triggern zu arbeiten, wird Dich am Ende zu einer sehr guten Therapeut*in machen;
weil Du Deine Schatten kennst, weil Du weißt, dass es menschlich ist Schatten zu haben, und weil Du weißt wie es ist „auf der anderen Seite“ zu sitzen.
Im Gegenzug musst Du natürlich aber auch nicht traumatisiert sein, um eine gute Therapeut*in werden zu können. 😉
Ich spreche hier sowieso von bereits gut aufgearbeitetem. Themen die nicht Dein ganzes Leben beeinträchtigen wirst Du sowieso immer haben, als Mensch.
„Psychisch stabil“ bedeutet einfach, dass Du Dein Leben auf die Reihe bekommst. Es bedeutet, dass Du nicht so sehr belastet bist, dass jederzeit ein Re-Trauma droht.
Du schaffst es offen, interessiert und präsent zu lernen und da zu sein. Dich zu öffnen, zB in der Gruppe, ohne, dass es Dich „aus der Bahn wirft“. Auch, Dich mit belastenden Biografien und Diagnosen zu beschäftigen (denn diese sind Inhalt des Studiums).
Studieninhalte (warum und was – anschaulich und praxisnah)
Manchmal habe ich mich während des Studiums wirklich gefragt: „Warum haben wir überhaupt Medizin“? Andere haben sich hingegen gefragt „Warum haben wir Kunstgeschichte“ (was mir wiederum sehr einleuchtend erschien).
Ein Kunsttherapie Studium hat sehr viele Inhalte. Am Ende sind nicht alle für jeden wichtig. Was Du in der Praxis wirklich brauchst wird sich meistens erst herausstellen, wenn Du beginnst zu wissen, in welchem Feld Du arbeiten möchtest. Wenn Du erste Erfahrungen zB im Praktikum sammelst.
Wenn Du beispielsweise als Kunsttherapeut*in in der Frühreha arbeitest, dann ist es total gut zu wissen wie ein Schlaganfall funktioniert oder was ein Aneurysma ist. – Es ist nicht wichtig für die Kunsttherapie selbst!
Es gehört aber in der Arbeit in diesem Feld zum Alltag. Man möchte wissen, was mit den Menschen ist, mit denen man arbeitet. In Besprechungen will man auch nicht der einzige Mensch im Raum sein, der keine Ahnung hat wovon gesprochen wird.
Hier ein paar Beispiele für Tätigkeitsfelder von Kunsttherapeuten, damit Du weißt, wo man als Kunsttherapeut arbeiten kann
- Freiberuflich in eigener Praxis
- Selbstständig als Kunst-Vermittler*in
- Selbstständig z.B. als Coach mit kreativen Elementen
- Stationen im Krankenhaus: Pädiatrie (Kinderstation), Frühreha, Neurologie, (Kinder) Psychiatrie (geschlossen und offen), (Kinder und Jugend) Psychosomatik, Onkologie, Gynäkologie, Palliativ…..
- Gefängnis – (Frauen) JVA, – ein Beispiel ist das langjährige Projekt „Mauern öffnen“ der JVA Bremen
- In offenen Ateliers für geistig behinderte Menschen, wie die Schlumper in Hamburg oder Blaumeier in Bremen
- An Waldorfschulen (anthroposophische Kunsttherapeut*innen)
- An Förderschulen
- In Altenheimen
- In Flüchtlingsheimen
- In Reha Einrichtungen
- Im (Kinder) Hospiz
- In Kultur Einrichtungen
- … Dort wo Dich Deine Kreativität hintreibt und Du das Konzept bereicherst
- Selbstständig kreativ mit Deinen eigenen Ideen
Was lernt man im Kunsttherapie Studium?
Mit dem Wissen nun, wo Kunsttherapeut*innen arbeiten, möchte ich Dir hier nun eine Liste mit den Studieninhalten niederschreiben. Du kannst Dich jetzt besser einfühlen welche Studieninhalte für wen wichtig sein können:
- Künstlerische Grundladen in Plastik/Bildhauerei, Malerei, Zeichnen/Grafik und Druckgrafik
- Freikünstlerische Praxis
- Performance Kunst, Foto Kunst, Video Kunst
- Psychologie (Entwicklungspsychologie, Grundlagen der Psychoanalyse, therapeutische Beziehungsgestaltung, Gruppendynamik u.v.m.)
- Psychiatrie (Krankheitsbilder)
- Medizin (Krankheitsbilder, Anatomie, Salutogenese, Gesundheitsförderung, Nervensystem)
- Pädagogik
- Waldorfpädagogik
- Farblehre
- Kunstgeschichte
- Praktika/Praxiserfahrung/Projekte
- Selbsterfahrung
- Reflexion
- Werkbetrachtungen
- Körperarbeit
- Kunstwissenschaft
- (Kultur) Soziologie
- Philosophie
- Geschichte der Kunsttherapie
- Vorbereitung und Präsentation „Kuration“ – die eigenen künstlerischen Werke ausstellen und präsentieren
- Hausarbeiten, Abschlussarbeit, Reflexionsberichte, künstlerische Positionspapiere…….
Ist es (zu) teuer Kunsttherapeut*in zu werden?
Ich würde sagen, es kommt ganz darauf an, was Du später verdienst, ob Kunsttherapie studieren teuer ist. Darauf gehe ich in dem Abschnitt „Jobchancen“ noch genauer ein.
Allerding muss ich sagen, dass die Kosten des Studiums ebenso extrem variieren, wie die Gehälter. Damit Du Kunsttherapeut*in werden kannst musst Du aber definitiv in den aller meisten Fällen erstmal tief in die Tasche greifen.
Mit der Hochschule HfWU in Nürtingen
gibt es eine Hochschule an der man nicht nur ein staatlich anerkannt Kunsttherapie studieren kann, sondern auch komplett staatlich; das heißt, es gibt ausschließlich die normalen Semesterbeiträge. Keine monatlichen Studiengebühren.
Diese sind nämlich sehr happig an den anderen staatlich anerkannten Studienstätten.
Kosten: Die Wahrheit, – was musst Du bezahlen wenn Du Kunsttherapeut*in werden willst?
Ich habe einen Artikel im Netz gefunden, der einen im Glauben Lässt, 1000 Euro Ausbildungskosten seien viel. Im Gegenteil! Die Kosten für die anerkannten Ausbildungen steigen stätig. Hier sind die staatlich anerkannten Studiengänge (außer Nürtingen) wirklich die teuersten. Hamburg und Alfter liegen beispielsweise zwischen 4- und 500 Euro PRO MONAT (der Bachelor dauert vier Jahre, der Master ein- bis zwei Jahre).
Hier ein kleiner Abriss der unterschiedlichen Möglichkeiten:
- Staatlich anerkannt: 2011 habe ich in Ottersberg noch unter 300 Euro gezahlt. Heute sind es auch hier über 400 im Monat
- Da sind nicht staatlich anerkannte Ausbildungen (die aber dennoch fundiert), sind um einiges günstiger. Eine Liste aller anerkannten Ausbildungen und Weiterbildungen findest Du auf den Seiten des Berufsverbandes DFKGT.
- Ein nicht anerkanntest Studium, weder staatlich, noch vom DFKGT, ist zB das am IBKK in Bochum. Auch hier kenne ich zufriedene Absolvent*innen.
- Auch Weiterbildungen wie die Leiborientierte Kunsttherapie in Köln haben viele Anhänger*innen.
Bei diesen nicht-anerkannten Weiter- und Ausbildungen solltest Du Dir dringend immer selbst ein Bild machen und in Erfahrung bringen, wie sie anerkannt sind im Kolleg*innen Kreis. Leider gibt es hier und da Vorbehalte, und es könnte schwierig werden zB eine Praktikumsstelle zu finden, da Studierende anderer Institute leider bevorzugt genommen werden. Hier lohnt es sich zu prüfen, ob Du nicht vielleicht am falschen Ende sparst.
Braucht man eine Approbation/ Heilerlaubnis um Kunsttherapeut*in zu werden?
Jein! Der Begriff „Kunsttherapie“ ist wie oben geschrieben nicht geschützt. Allerdings braucht man in Deutschland eine Heilerlaubnis um „Therapie“ anbieten zu dürfen -ODER- und das ist ganz wichtig:
Man arbeitet unter ärztlicher Aufsicht.
Angestellte Kunsttherapeut*innen brauchen KEINE Heilerlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz für Psychotherapie (auch wenn Du im Netz andere Infos findest – das ist Unsinn).
Für anthroposophische Kunsttherapeut*innen gilt folgende Ausnahme:
Die Anthroposophische Kunsttherapie zählt zu den „besonderen Heilmitteln und Therapien“ – anthroposophische Kunsttherapie zählt zu den „Heilhilfsberufen“, – ist also kein eigenständiger „Heilberuf“. Man unterschreibt als anthroposophische*r Kunsttherapeut*in eine Erklärung, dass man (wenn man selbst keine Heilerlaubnis hat) nur unter ärztlicher Aufsicht arbeitet. Auch als Selbstständige*r.
Angestellt an einer Klinik ist dieses Problem dadurch gelöst, dass ohnehin die Therapie nur durch ärztliche Verordnung stattfindet.
Diese Tatsache beruht auf der Basis eines Paragraphen, der zB auch für Physiotherapeut*innen geschaffen wurde. Ohne diesen Paragraphen bräuchten alle Physiotherapeut*innen eine Heilerlaubnis, egal ob angestellt oder selbstständig.
Muss man Kunsttherapie studieren um Kunsttherapeut*in zu werden?
Jein. Man nennt in Deutschland alles ein „Studium“, was an einer offiziellen Hochschule, die staatlich anerkannt ist stattfindet.
Doch an den nicht staatlich anerkannten „Studienstätten“ (wie ich es gerne nenne, um die Situation zu verdeutlichen), findet im Prinzip genau dasselbe statt, wenn Du eine gute Ausbildung erwischt hast.
Auch ein Studium ist eine Ausbildung.
Dennoch (oder gerade deswegen!), würde ich sagen:
Hab keine Angst vor dem Studieren! In einer „Ausbildung“ tust Du exakt genau dasselbe (manchmal nur weniger „frei“, dafür strukturierter, was vielen Menschen ja auch Halt gibt).
Die Liste der vom DFKGT anerkannten Ausbildungen habe ich Dir weiter oben im Artikel verlinkt.
Musst Du Kunsttherapie studieren, wenn Du gar nicht „therapieren“ willst?
Wenn Du jedoch eh weißt, dass Du NICHT klinisch und nicht therapeutisch arbeiten willst, sondern zB präventiv. Wenn Du einfach die Seele der Menschen mit intuitiver und wertfreier Malbegleitung bereichern willst:
Dann schau Dir doch mal Konzepte wie den Malort nach Arno Stern an.
Gerne aber auch Ausbildungen die von Kunsttherapeut*innen selbst entwickelt wurden. Auch ich habe ein ganzheitliches Konzept entwickelt, das Vision Camp. Allerdings benötigst Du für das Vision Camp mindestens die Erfahrung als Coach oder Künstlerin, die bereits Workshops gibt.
Es ist eine Mini-Ausbildung bzw. Weiterbildung und auch ein Sichtbarkeits- und Selbstwert Mentoring, wenn Du bereits Kunsttherapeut*in bist, und Dich selbstständig machen möchtest.
Das Vision Camp füllt die Lücken, die die meisten Kunsttherapie Ausbildungen haben. Daher kannst Du es auch als Vorbereitung auf eine anerkannte Kunsttherapie Ausbildung nutzen, um zielgerichteter und mit mehr Klarheit durch die Ausbildung gehen zu können. Ich halte Dich gerne in meinem Newsletter darüber auf dem Laufenden, gib dazu bei Anmeldung einfach den Betreff „Vision Camp“ an. Dann setze ich Dich zusätzlich auf die interessierten Liste.
Was ich persönlich wenig sinnvoll finde sind „Ausbildungen“ die auf einer einzigen Methode basieren. Es sei denn, Du baust bereits auf einer Basis auf. Du bist beispielsweise bereits Kunsttherapeutin. Es natürlich schön, sich regelmäßig methodisch zu erweitern.
zB mit dem „lösungsorientiertem Malen“, LOM oder mit Neurographic.
Brauche ich einen Bachelor/Master um Kunsttherapeut*in zu werden?
Die Frage ist, bist Du daran interessiert die Kunsttherapie wissenschaftlich weiterzubringen?
Du kannst mit einem Bachelor im Berufsleben loslegen, genau wie mit einem nicht- staatlich anerkannten Abschluss auch. Er befähigt Dich, den Beruf auszuüben.
Und der Master?
Viele berichten, dass ein Jahr in der Praxis gewesen zu sein, um einiges selbstbewusster, und vom Gefühl her kompetenter (auch im Auftreten) macht, als zwei Jahre Master Studium, nach dem Bachelor in Kunsttherapie.
Trotzdem: Die Kunsttherapeut*innen M.A. können besser dokumentieren, sie wissen besser wie man Erstgespräche/ Anamnesegespräche führt, sie werden gezielter (zumindest theoretisch) auf die Praxis vorbereitet.
VOR ALLEM aber wissen sie wie man wissenschaftlich arbeitet. Sie wissen, wie man ein Thema beforscht, wie man ein Projekt gut durchführt und evaluiert. Das führt aber auch dazu, dass man in der Praxis manchmal zu „kopfig“ wird. Man beginnt zu wissenschaftlich zu denken, und vergisst auf die Intuition und die „Weisheit der Erfahrung“ zu hören. Zum Beispiel, dass es oftmals viel wichtiger ist authentisch zu sein, als „korrekt“ nach Lehrbuch zu handeln. (Im Übrigen gibt es ja kein offizielles „Lehrbuch“. Der Beruf der Kunsttherapeut*in ist nicht standardisiert, geschützt oder anerkannt, wie bereits geschrieben.)
Beispiel: Einer meiner besten Mentor*innen hat regelmäßig zu seinen Patient*innen im Krankenhaus gesagt „das ist/wird ein sehr schönes Bild“. Wäre er ein Studierender gewesen, und die Professor*in hätte es mitbekommen, hätte es ziemlich sicher eine Rüge gegeben. Bewertungen sind eigentlich ein No-Go in der Kunsttherapie, negative, wie positive.
Im Falle meines Mentors war es aber stimmig, authentisch. Man hat gehört und gefühlt, was er mit dem Wort „schön“ meint, und man hat gesehen, dass die Patient*innen sich dadurch sehr gesehen gefühlt haben. Es war jedes einzelne Mal ein berührender Moment, und man hat gespürt, wie der ganze Raum das Wort „schön“ im Herzen neu definiert hat: Eine berührende, liebevolle Selbstbegegnung.
Muss ich Psychologie studieren um Kunsttherapeut*in zu werden?
Vorweg:
NEIN, Kunsttherapie ist kein anerkanntes psychotherapeutisches Verfahren, das von Psycholog*innen ausgeführt wird, und Kunsttherapeut*innen sind auch keine Psycholog*innen.
Ich habe neulich etwas total spannendes gelesen, das total in dieses Vorurteil passt, – eine Künstlerin die eine besondere Methode entwickelt hat, um sich selbst durch das Malen näher zu kommen. Sie sagte darüber (sinngemäß):
„Bei mir geht es darum intuitiv zu malen und ins Fühlen zu kommen,- wenn man die Bilder später anschaut bekommt man Erkenntnisse über sich selbst. Es ist ganz anders als Kunsttherapie, weil ich nicht analytisch arbeite“.
Wow!
Diese Dame ist Kunsttherapeut*in und weiß es gar nicht.
Die wenigsten Kunsttherapeut*innen arbeiten analytisch, sondern viel mehr so, wie es dort oben beschrieben ist (ganz, ganz, ganz kurz zusammengefasst und sehr platt ausgedrückt).
Sogar psychoanalytische Kunsttherapeut*innen arbeiten NICHT so, wie sich viele das vorstellen. So wie es sich die zitierte offensichtlich auch vorstellt.
Kunsttherapie passiert IMMER im Prozess.
Der Moment ist wichtig. Es ist wichtig, was gefühlt wird, und das was dabei entsteht.
Durch das erleben der Farbe und Form, durch das gestaltend tätig werden, wird im Menschen innerlich etwas frei und be-freit.
Er kommt ins fühlen. „Fühlt“ sozusagen auf dem Blatt und ist ganz im Moment. Im Hier und jetzt.
Erkenntnis, Inspiration, Berürtheit, – passiert auf dem Blatt. Es geschieht in der Farbe, und natürlich ganz tief im Innern, in der Seele der Gestalter*in.
Auch ohne, dass wir darüber sprechen.
Wir schauen nicht „analytisch“
Das was mit „analytisch“ gemeint ist, ist oft ein sehr psychologischer Blick auf ein fertiges Werk. Das machen wir Kunsttherapeut*innen eigentlich sehr selten. Ganz im Gegenteil! Die Mehrheit der Kunttherapeut*innen ist überzeugt, dass so ein „unlebendiger“ Blick auf das fertige Werk, ganz ohne Einbeziehen des Gestaltungsprozesses, eher sehr kontraproduktiv ist, und das positive Wirken der Kunsttherapie sogar zerstören kann.
Angestellte Kunsttherapeut*innen müssen das tagtäglich oftmals ihren psychologischen Kolleg*innen erklären. Diese sind oftmals wiederum unendlich neidisch darauf, dass wir mit den (Kunst)werken so etwas wertvolles „Drittes“ im Raum haben, was unsere Arbeit so viel schöner und einfacher werden lässt.
Wirklich verstehen, was dort (also in der Kunsttherapie) passiert, tuen sie allerdings erst, wenn sie es selbst erlebt haben (also mittendrin, als Selbsterfahrung).
Jobchancen wirklich gut, wenn man Kunsttherapeut*in wird?
Wie oben bereits angedeutet:
Die Kunsttherapie ist nicht anerkannt. Im Netz findet man Aussagen, dass die Methode wissenschaftlich belegt sei. In Wirklichkeit stimmt es nur, dass es viele Untersuchungen zum Thema Kreativität gibt. Es gibt nur wenige, die explizit die Kunsttherapie behandeln. In erster Linie gibt es aber viele Untersuchungen im Bezug auf Musiktherapie, aber nur wenige zur therapeutischen Wirkung bildender Künste. Malen entspannt! Das wissen wir. Aber Kunsttherapeutische Settings sind wenig erforscht und untersucht. Geht auch kaum. Die Kunsttherapie ist in ihrem Wesen frei und individuell. Das lässt sich kaum randomisiert untersuchen. Trotzdem gibt es natürlich Studien.
Die Kunsttherapie ist jedoch ziemlich gefragt. „Malen für die Seele“, „intuitives Malen“, alles an kreativen Therapien ist „in“, denn wir wissen (gerade nach so einer Pandemie) wie wichtig kreatives Gestalten für die Selbstwirksamkeit und das Gefühl der Sinnhaftigkeit ist (Prinzip der Salutogenese).
Da kreative Therapien jedes Therapiekonzept schmücken und attraktiver machen, der Beruf aber wenig Lobby hat und nicht anerkannt ist, findet man immer wieder Stellenausschreibungen, die von der Bezahlung her (und vom Setting und der Wertschätzung her) unverschämt sind. (Siehe den nächsten Punkt).
Ist der Beruf Kunsttherapeut*in anerkannt und wertgeschätzt?
Gehalt, Prestige
„Ich habe Kunstherapie studiert und arbeite jetzt im Kindergarten als Aushilfskraft“. „Als angestellte angeblich Kunsttherapeutin, habe ich einen großen Raum. Dort kommen und gehen den ganzen Tag bis zu insgesamt 30 Leute. Sie malen und basteln was sie möchten, ohne, dass ich sie begleiten kann“. „Nach meiner Kunsttherapie Ausbildung habe ich einen Vertrag als Ergotherapeutinunterschrieben, damit man mir kein höheres Gehalt zahlen muss“. „Ich habe Kunsttherapie studiert und kämpfe für die Anerkennung als Sozialpädagogin. Ich arbeite seit 10 Jahren als Sozialpädagogin, ohne es studiert zu haben. Andere Stellen gab es nicht“.
DAS sind häufige Sätze die ich immer wieder von Kolleg*innen höre.
Das Gehalt von Kunsttherapeut*innen schwankt zwischen 1200 Euro und 4500 Euro. Das habe ich in einem Artikel im Internet gelesen und konnte es selbst kaum fassen! Ich habe auch schon für 9 Euro die Stunde gearbeitet.
Ich musste durch eine Mindset-Hölle gehen um nun endlich, als selbstständige Kunsttherapeutin genügend Geld für meine Angebote zu nehmen, dass ich am Ende des Monat überleben kann. Gerade in heutigen Zeiten sind 120 Euro für eine Einzelstunde, in meinen Augen, das absolute Minimum, das man nehmen muss.
Beachte: Psycholog*innen nehmen, wenn sie privat abrechnen im Schnitt 200 Euro pro Stunde. Es ist ja nicht der reine Stundenlohn für die Arbeitszeit, sondern muss alle Kosten abdecken, damit diese Arbeit überhaupt ausgeübt werden kann.
Eigentlich müssten Kunsttherapeut*innen daher teurer sein, als Gesprächs-therapeut*innen, denn wir brauchen z.B. regelmäßig neue Kunst-Materialien.
Warum verdient man als angestellte*r Kunsttherapeut*in manchmal so wenig?
Das alles liegt daran, dass das Berufsbild nicht geschützt ist.
Wir als Kunsttherapeut*innen stehen in meinen Augen in der Pflicht das zu ändern! –
In dem wir aktiv unsere Arbeitsverhältnisse, mutig, mitgestalten. Wir sollten uns auch trauen schon beim Bewerbungsgespräch selbstbewusst über das Gehalt zu verhandeln (wenn man eine fundierte Ausbildung hat).
Und vor allem: Indem wir uns in Berufsverbänden engagieren, oder zumindest Mitglied sind. Das hier sind die wichtigsten Berufsverbände für künstlerische Therapien:
BVAKT (anthroposophische Kunsttherapie)
Fazit – Wie wird man Kunsttherapeut*in?
Du kannst Dich quasi jetzt schon einfach so „Kunsttherapeut“ nennen. Voraussetzung ist nur eine Heilerlaubnis. Damit würdest Du aber der Berufsgruppe extrem schaden. Besser ist, Du machst eine anerkannte und fundierte Ausbildung bzw ein Studium. Dort lernst Du die Grundlage der künstlerischen Disziplinen, Deine eigene künstlerische Position, sowie psychologische, medizinische, philosophische und pädagogische Inhalte. Stellen (die auch noch gut bezahlt sind gibt es nur sehr wenige. Wahrscheinlich wirst Du Dich selbstständig machen müssen. Die Basis dafür lernst Du in der Ausbildung leider nicht. Dafür gibt es aber Weiterbildungen wie das Kunsttherapie Vision Camp.
Hallo, ich glaube, es gibt ein Problem mit dem Link. Können Sie bitte wieder die Liste (DFKGT Anerkennung) mit den Institutionen teilen?
Gerne: https://www.dfkgt.de/page.cfm?id=1440
Danke liebe Vanessa für den tollen Artikel. Liebe Grüsse Ramona
Schön Dich hier zu lesen und danke für das Feedback!!
Vielen Dank für diesen umfassenden und ehrlich überzeugenden Einblick in die Welt der Kunsttherapeutin. Ich bin beeindruckt!
Das Einzige, wofür mein „kleiner“ Sohn (20) immer zu haben war, ist malen, speziell von Buchstaben, Graffitti- Gemälde auf Papier. Er war von Kindesbeinen an ein verrückter kleiner Künstler. Mit Computern hat er nichts am Hut und bis heute keine Ahnung, was er werden will. Auf Grund seiner sehr hohen sozialen Kompetenz und seiner tollen Art, mit anderen Menschen umzugehen, werde ich ihm einen Link zu dieser Seite schicken und die Daumen drücken. Ihnen persönlich und der weiteren Entwicklung und Anerkennung der Kunsttherapie drücke ich ganz fest die Daumen! Beste Grüße von der Ostsee
Ich drücke dem Sohn alle Daumen. Da bietet sich Ottersberg sicher an. Dort kann er „zur Not“ auch in die freie Kunst wechseln. Das tun immer mal wieder studierende, die auf dem Weg merken, dass sie doch mehr Künstler als Therapeuten sind. Liebe Grüße und danke für den Kommentar!