Vulva Kunst – warum gibt es Frauen die Vulven malen?
Vulva Kunst? Warum Frauen Vulven malen und warum es in meinen Augen auch für die Traumaverarbeitung in der Kunsttherapie wichtig ist, erfährst Du in diesem Blogartikel.
Seit einigen Jahren ist es voll im Trend: Vulva Kunst. Kleine Skulpturen, bemalte Abdrücke, Zeichnungen, Malereien.
Es gibt Künstlerinnen, die diese Art von feministischer Kunst nutzen, um sich RAUM zu nehmen für ihr Frau sein. Für das Frau sein. Viele Frauen haben noch nie ihre Vulva
betrachtet. Im Sprachgebrauch gibt es kaum ein liebevolles, unbefangenes Wort für das weibliche Geschlechtsorgan. Ganz im Gegenteil: Es wird beschämt. „Scham“lippen,
die „Scham“. Kein Wunder, dass dieses Thema so tabuisiert ist. Auch die Menstruation… Alles was den weiblichen Schoßraum betrifft, ist irgendwie schambehaftet oder gilt sogar
als „unrein“. Obwohl jede Frau weiß, wie schädlich es ist, finden Intimwaschlotionen einen Absatz, ja, sogar Intimdeos. Keine weiß wirklich wie man normalerweise „da unten“ aussieht,
was zur Folge hat, dass sich Frauen Schönheitsoperationen unterziehen, weil sie glaubten „unnormal“ auszusehen. … Natürlich ohne offen darüber zu sprechen.
Ich könnte ewig weiter machen mit solchen Beispielen. Leider.
Es gibt tatsächlich eine nicht zu unterschätzende Zahl an Frauen, die sich „untenherum“ noch nie gesehen (zB mit einem Spiegel betrachtet) und auch noch nie berührt haben.
Diese dissoziative Abspaltung dieser Körper Region zeigt sich bis in die Welt der Medizin: Die Klitoris wurde erst 1998 vollständig entdeckt und ist bis heute noch nicht vollständig erforscht. In einer anderen Quelle habe ich sogar 2004 gelesen. Dies konnte ich für diesen Artikel jedoch nicht verifizieren.
Vulva Kunst als Traumaverarbeitung
Viel zu viele Frauen (oder auch generell, Menschen…), haben Grenzüberschreitungen erlebt.
Auch wenn diese Grenzüberschreitungen keine sexuellen Übergriffe waren, speichert sich auf physischer Ebene das Trauma der Grenzüberschreitung im Bereich des Schoßraumes.
Grenzüberschreitung, aber auch traumatische Erfahrungen, äußern sich somatisch oft als eine schmerzhafte Menstruation, was sich im schlimmsten Fall auch zu Erkrankungen
wie Endometriose entwickeln kann. Natürlich vor allem, wenn sexuelle Übergriffe erlebt wurden.
Die Künstler*innen, die diese feministische, und manchmal auch spirituelle Form der Kunst ausüben, nutzen Vulva Kunst auch, um wieder eine liebevolle Verbindung zu ihrem Körper zu schaffen und tatsächlich auch als Teil der Traumaheilung.
Diese Vorgehensweise ist zwar „nicht ohne“, aber in meinen Augen sehr sanft im Vergleich zu anderen. Sogar Gesprächstherapie kann zu Re-Traumatisierungen führen, da das Sprechen über traumatische Ereignisse den Betroffenen im Innern das Erlebte erneut durchfühlen, und damit auch durchleben lässt.
Wende ich mich jedoch künstlerisch meinem Körper zu, dann ist ein Perspektivwechsel möglich. Mit Abstand kann dann erstmal neutral betrachtet werden und dann auch das Schöne gesehen werden. Erst im Kunstwerk, und dann in- und an einem selbst.
Die Vulva steht dann gerade nach sexueller Gewalt für das Zurückerobern der eigenen Sexualität, der eigenen Weiblichkeit, der eigenen Grenzen und des eigenen Selbstwertes.
Das Wort „Yoni“ und die Verbindung von Spiritualität und Kunst
Hier möchte ich einen kleinen „Exkurs“ einleiten. Eingangs habe ich bereits geschrieben, dass es kaum liebevolle Worte gibt, für den weiblichen Schoßraum. Schoßraum ist schon eine wundervolle Alternative, die ich durch achtsame Frauen kennenlernen durfte, die sich auf ganzheitlich- spiritueller Ebene mit dem Thema Weiblichkeit beschäftigen.
Ein anderes Wort, das auch beim Thema Vulva Kunst sehr wichtig sein kann ist „Yoni“. Yoni ist das Sanskritwort für die gesamte Vagina, also außen, die Vulva und innen, bis zum Muttermund. Wenn Du Yoni Kunst, oder Yoni Painting in die Suchmaschinen eingibst, dann findest Du wunderschöne, spirituell anmutende Bilder oder auch Skulpturen, die die
Yoni als wunderschönes Tor zur Welt, Tor ins Leben, oder auch in die Ewigkeit, ins Universum darstellen. Je nachdem von welcher Seite man schaut. 😉
Ich möchte Dich gerne ermutigen diese beiden Worte in Deinen Wortschatz und in Deinen Sprachgebrauch mit aufzunehmen: Yoni und Schoßraum. Allein dies bewirkt bereits, dass Du eine liebevollere Verbindung zu Deiner Weiblichkeit, Deiner Sexualität und noch vielem mehr aufbauen kannst.
Feminismus und Vulva Painting in der modernen Kunst
Wenn Du, so wie ich auch, Kunstgeschichte im Studium hattest, kennst Du wahrscheinlich das Gemälde „Orgin of the World“ von Gustave Courbet. 1866 war dieses Bild ein riesen Skandal, und auch ich traue mich nicht dieses Bild in den Artikel einzubinden. Es würde zensiert werden.
Aber, auch wenn dies das erste in der „modernen“ Kunst war, ist es definitiv wichtig zu sehen, dass der künstlerisch-spirituelle Kontext unglaublich alt ist. Eiszeitlich alt.
In zahlreichen sogenannten Venusfigurinen wurden im Paläolithikum auch Vulven betont. Die Figuren sind immer nackt dargestellt.
Nachdem ich diesen Blogartikel lesen durfte bevorzuge ich den Ausdruck „Mutterfigurinen“ oder Gott Mutter Abbildungen.
Sie sind vor dem Patriachat entstanden und wurden während des Patriachats natürlich fehlgedeutet. Genau darum geht es in dem verlinkten Artikel.
Aber bevor ich abschweife! Die Überschrift ist ja „moderne Kunst“ und die Eiszeit ist immer mal wieder ganz modern, aber ja schon etwas länger her.
Hier sind ein paar Beispiele aus der modernen, zeitgenössischen Kunst und auch Popkultur, die das Thema Feminismus durch Vulva Kunst aufgreifen:
Der bekannteste ist (leider) wieder ein Mann, aber mit einer tollen Intention: „The Great Wall of Vagina“, ein Kunstwerk von Jamie McCartney, das an einer großen Wand, dicht an dicht Gipsabdrücke von Vulven zeigt. Die Intention: Sichtbar machen, dass keine der anderen gleicht und natürlich das Tabu zu brechen und die Beschäftigung mit diesem Thema zu normalisieren.
Ansonsten findet mein leider wenig bis nichts wirklich berühmtes oder von der (männlichen) Kunstkritiker Welt anerkanntes in den Museen dieser Welt.
Das nächste wäre dann Eve Enslers Bühnenstück “ the Vagina monologue“.
Daneben gibt es die Bewegung der feministischen Künstlerinnen der 60er und 70er Jahre, zu denen zum Beispiel Carolee Schneemann, Valie Export, Ulrike Rosenbach, Marina Abramovic und auch Yoko Ono gehören.
Die genannten Künstlerinnen haben haben nichts mehr mit der sensiblen, feinen und auch oft spirituellen Art zu tun, mit der sich junge Künstlerinnen heute diesem Thema widmen. Allerdings wären wir sicherlich heute nicht dort wo wir jetzt stehen, wenn es diese offensive, rohe und teilweise schockierende Art dieser Pionierinnen der weiblichen Kunst nicht gegeben hätte. Dem Thema der tiefen Wunden und Traumata des Kollektivs „Frau“ würde wahrscheinlich ein großes Stück Heilarbeit am Trauma der Frauen fehlen.
Die Art von Bühnenaufführung und auch die Gipsabdrücke werden von vielen jungen Künstlerinnen aufgegriffen.
Aus den Gipsabdrücken werden dann teilweise Schmuckstücke gemacht, Seifen,
oder ein Memoryspiel wie in Gloria Dimmels Fall.
Female Empowerment durch Vulva Kunst
An dieser Stelle möchte ich Dir mit Sadie Klingebiel gerne eine Künstlerin dieser jetzigen, neuen Zeit vorstellen. Ich habe Sadie gewählt, da sie ein sehr besonderes Medium gewählt hat, sich künstlerisch auszudrücken: Vegane Wurst.
So, nun konntest Du Dir einen Eindruck des Werkes machen. Nun möchte ich ganz schlicht die Künstlerin selbst zu Worte kommen lassen:
„»Ist es das, was ich denke, was es ist?« »Muss das sein?«
Oh ja, es muss sein. Die Reaktionen, die ich im Zuge meiner künstlerischen Arbeiten mit dem Motiv der Vulva erfahre, erinnern mich daran, warum meine Kunst mich hierhin geführt hat. Die Tabuisierung von Vulven, Menstruation, Sexualität oder weiblicher Lust begleitet mich, wie viele weiblich sozialisierte Menschen, Menschen mit Vulven und Frauen ohne Vulva bereits seit der Schulzeit. In veraltetem Aufklärungsunterricht wurden Begriffe, Bilder und Inhalte gemieden und ein bereits seit Jahrhunderten in der patriarchalen Gesellschaft schambehaftetes Thema mit wenigen Worten abgetan. Seit ungefähr einem Jahr zeigen sich diese verinnerlichten Tabuthemen für mich überall – ich sehe sie in veganen Wurstalternativen, forme sie aus Kaugummi, nehme Abdrücke mit Gips, gieße sie in Wachs, tätowiere sie. Es fühlt sich an wie ein längst überfälliger Befreiungsschlag, plötzlich kann und möchte ich nicht mehr damit aufhören, Vulven zu gestalten und sie sichtbar zu machen. Für mich ist ihre Einzigartigkeit, die Grenzenlosigkeit ihrer Schönheit sowie die ehrliche Auseinandersetzung mit ihren Inhalten unerlässlich und notwendig. Für mich – und den Reaktionen folgend – für alle.“
Ja. Sadie sagt es: Es ist notwendig! Und spricht hier auch ein weiteres Tabu an: Die Menstruation.
Vulva Kunst ganz anders interpretiert: Tabubruch mit der Menstruation
Jasmine Alicia Carter ist eine weitere Künstlerin, die sich nicht nur mit dem Thema Weiblichkeit und Vulva auseinander setzt, sondern auch mit dem Thema Menstruation. Genauer: Sie malt mit ihrem Periodenblut und hat damit eine ganze Bewegung gestartet!
Jasmine verbindet Kunst und Spiritualität und hilft Frauen dadurch sich selbst, ihre Sexualität und ihre „Körperin“ mit all ihren Funktionen, anzunehmen. Eigentlich nicht nur anzunehmen, sondern als etwas heiliges zu ehren.
Hier siehst Du ein Interview in englischer Sprache, das ich mit Jasmine zu diesem Thema führen durfte:
Ilka Claren – Art From Ilkas Heart Spirituelle Kunst und Feminismus mit Herz
Wo wir vorhin schon beim Thema Eiszeitkunst waren, und ich ja schon angedeutet habe, dass die Eiszeit eigentlich gar nicht mal so „unmodern“ ist, möchte ich Dir hier eine weitere Künstlerin ans Herz legen: Ilka Claren.
Ilka macht Linoldrucke, die sich komplett der spirituellen, mystisch- göttlichen Seite von Weiblichkeit widmen. In ihrer Kunst kreiert sie weibliche Gottheiten, die sie intuitiv vor ihr inneres Auge holt und erschafft.
Auf der Abbildung siehst Du die „Vulva Goddess“, welche inspiriert ist durch die Mutter-Gott Figurine „Venus von Willendorf“. Eine der ältesten Kunstwerke, die die Menschheit kennt.
Wenn Ich mich mit Ilkas Kunst verbinde, dann spüre ich das Matriarchat das einst war und Mutter Erde, die sich in der Weiblichkeit materialisiert.
Hier ein Paar Worte von Ilka zu ihrer Kunst:
„Tief berührt von der Natur, die mich umgibt und inspiriert von meiner eigenen inneren Seelenlandschaft, kreiere ich magische Kunstwerke durch Linoldruck und digitale Illustration.
Mit diesen beiden Techniken erschaffe ich ausdrucksstarke Göttinnen, die dich mit auf eine Forschungsreise zu deiner eigenen Weiblichkeit nehmen.
Diese Göttinnen möchten an unsere ureigene spirituelle Beziehung zu Mutter Erde erinnern und uns einladen, diese Verbindung zurück zu erobern und zu stärken.
Während der Entstehungsprozesse durchfühle ich einen immer wieder kehrenden Kreislauf von Begeisterung, Frustration, Zufriedenheit, Entspannung und Ungeduld bis ein Werk vollendet ist.
Mehr zu Ilka und alle ihre Göttinnen findest Du auf ihrer Website
Vulva Kunst und heilsame Weiblichkeit im Art Soul Club
Auch im Art Soul Club (meine Membership, die Dich in einen kraftvollen Kontakt mit Dir selbst und in Deine kreative Weiblichkeit trägt), gibt es immer wieder kreative Frauenkreise, in denen auch Vulva Kunst entsteht. Malerisch, zeichnerisch oder aus Ton.
Der Fokus liegt hier vor allem auf der energetischen Arbeit mit dem Schoßraum. Darauf, heilsame Energie dort hinfließen zu lassen. Durch das größtenteils intuitive Gestalten kommst Du in den Art Soul Circles, die das Thema Schoßraum haben, in einen freien und spielerischen Kontakt. Unbefangen und forschend.
Einen Special Workshop gibt es, der im Art Soul Club in unregelmäßigen Abständen stattfindet. „Kunst und Sinnlichkeit“ ist ein Extra Workshop zu den normalen Circles. Hier hast Du tatsächlich die Möglichkeit, Deine Yoni mit einem Spiegel zu betrachten und achtsam zu zeichnen.
Im Workshop „Kunst und Sinnlichkeit“ geht es wirklich darum Lebensfreude und Genuss ins Fließen zu bringen. Sich selbst genießen zu üben und liebevoll zu begegnen.
Hier findest Du alle aktuellen Art Soul Circles, kreativen Frauenkreise
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Meditation Schoßraumverbindung und Anleitung für ein achtsames Vulva Painting
Hier folgt eine kleine Yoni Meditation für Dich nach dieser Du auch gerne ins Gestalten gehen kannst.
Diese kannst Du immer machen, wenn Du das Gefühl hast zu sehr „im Kopf“ zu sein. Sie ist sehr erdend, und ich spreche aus Erfahrung: Hilft sogar bei Kopfschmerzen und Migräne.
Danke Vanessa,
Ich finde es toll, wie offen und unverblümt dieses mit noch immer soviel Scham belegte Thema ansprichst. Wunderbar mutig und feinfühlig zu gleich.
Ganz lieben Dank!
Steffi
<3 Ich danke Dir fürs Lesen, und für Deinen wertschätzenden Kommentar, liebe Steffi
Liebe Vanessa,
was für ein wichtiger Beitrag, den Du da geschrieben und uns zur Verfügung gestellt hast. Vielen Dank dafür!
Du hattest am Ende auf eine Meditation hingewiesen, die uns ins gestalten bringen kann. Leider finde ich keinen Link. Magst Du mir diesen noch senden,
herzlich in den beginnenden Tag,
auf bald, Nadja